Die berühmteste aller Kykladeninseln ist Mykonos. Wer kennt nicht die Postkartenidylle mit den scheeweißen Kubushäusern, dem tief blauen Meer und einer Reihe von Windmühlen am blauen Horizont...? Ihren berüchtigten Weltruhm als Treffpunkt der Paradiesvögel aus aller Welt errang sie in den letzten 30 Jahren. Nirgendwo anders in der Ägais sind in einem Hafen so viele Luxusyachten vor Anker wie hier. Keine andere Insel bietet so ein ekstatisches Nachtleben, solch eine Vielfalt von Künstlern, Freaks, Heteros und Schwulen, Individualreisenden und Pauschaltouristen.
Sonnenhungrige liegen tagsüber an ihren wunderschönen Stränden, Nachtschwärmer treffen sich in den zehlreichen Unterhaltungs- Etablissements. Die Schönsten und Reichsten können hier unter sich sein.
Der Zauber der Insel aber überträgt sich auf jeden Besucher. Er liegt in der wundersamen Verbindung der Kontraste ihrer Landschaft und ihrer Menschen.
Die Kargheit und Härte der felsigen Landschaft mit den dunklen Erdfarben wird durch die einzigartig harmonische Architektur durchbrochen. Die Windmühlen, Kirchenkuppeln und Arkaden in den verwinkelten Gäßchen, dazu das strahlende Weiß der Häuser und das Tiefblau des Meeres mildern das triste Grau der Umgebung. Alles wirkt maßvoll, vertraut und menschlich.
Die Inselbewohner balancieren zwischen Tradition und Moderne wie ein Akrobat auf dem Drahtseil. Ihr inneres Gleichgewicht verlieren sie nicht. Denn obwohl sie vom Tourismus leben, haben sie ihre Ursprünglichkeit bewahrt.
Diese glückliche Symbiose der heterogenen Elemente macht den Reiz dieser Insel aus. Die Verbindung des Einfachen mit dem Komplizierten, des Gewohnten mit dem Ungewöhnlichen verleiht ihr den besonderen Charme, dem jeder Besucher unterliegt.
Das wahre Gesicht der Insel kann der Besucher allerdings im Winter kennenlernen, wenn die Musikklänge der Diskotheken schweigen, das Sprachenwirrwar verstummt und man dem melodischen Mykonos-Dialekt zuhören kann.
Selbst wenn man sich von Mykonos und ihrem Trubel rational distanziert, ist sie einen Besuch wert, wenn man von hier aus auf die antike Insel Delos reist, die nur zweieinhalb Meilen entfernt ist.
Seit Jahrhunderten hat Mykonos zahlreiche Dichter inspiriert wie Bordone im 16. Jh., Randolph, Joseph Pitton de Tournefort, Kanellis u.v.a. Auch den vielgereisten und bekanntesten griechischen Schriftsteller Nikos Kazantzakis hat es bewegt und beeindruckt.
Mykonos-Stadt
Das Wahrzeichen der Stadt Mykonos sind die sechs Windmühlen, die wie an einer Schnur aufgereiht sich im Südwesten der Stadt erheben. Früher gab es 16 dieser runden Türme, die ihre Energie vom Wind erhielten, um das Korn zu mahlen. Schiffe brachten das Getreide hierher zu den Mühlen und luden das Mehl ein. Das war für die Bewohner eine Einnahmequelle zum Überleben.
Das Maskottchen der Insel war seit 1952 der Pelikan Petros, der inzwischen vier Nachfolger hat.
Die Hafen- und Hauptstadt der Insel erstreckt sich flach entlang der Küste. In den engen, weißgetünchten Gassen der Altstadt schmiegen sich die weißen Kubushäuser mit Balkonen und gemauerten Sitzbänken. Dazwischen sind zahlreiche Kirchen, Kapellen und Tavernen eingebettet.
Modegeschäfte mit Produkten aller großen Weltmarken existieren in Chora neben unzähligen Volkskunst- und Souvenirläden. Die Preise in den edlen Boutiquen stehen denen in Paris und Athen nicht nach.
Tagsüber beherrschen eindeutig die Kreuzfahrer und Rucksacktragenden die Gassen. Die Szeneleute liegen an den In-Stränden herum, wie am „Strand der Strände“, den Super Paradise Beach an der Südküste.. Der Elia Beach östlich davon, ist der Treffpunkt der Homosexuellen schlechthin.
Um den legendären Sonnenuntergang an der Promenade von Klein-Venedig mitzuerleben, muß man sich rechtzeitig einen Platz suchen. Hier findet man viele romantische Bars und Cafes wie das „Caprice“ und die „Kastro-Bar“. Restaurants gibt es wie Sand am Meer, die Küche ist international. Die In-Plätze der „beautiful people“ wechseln von Jahr zu Jahr. Auf der Flaniermeile Matoyanni im Zentrum der Chora, dem traditionellen Treffpunkt der Insel, kann man nach Mitternacht allen bizarren Nachtvögeln begegnen und ihnen folgen. Unterhaltung pur bis zum Morgengrauen.
Bei Tageslicht kann man im Viertel Alefkandra, auch Klein-Venedig genannt, schöne dreistöckige Kapitänshäuser bestaunen, die direkt am Felsufer im 18. Jahrhundert so gebaut wurden, dass man vom Haus durch eine kleine Tür ans Meer gelangt.
In der Altstadt von Mykonos findet man die Kirche „Paraportiani“ in einem verwinkelten und verschachtelten Baukomplex. Eigentlich sind es fünf Kirchen, die neben- und übereinander gebaut wurden.
Das Marinemuseum der Stadt enthält detaillierte Schiffsmodelle von der minoischen bis in die Neuzeit.
Im Archäologischen Museum werden neben Funden aus der Nekropole von Rheneia (426 v.Chr.) einige bedeutende Funde aus Mykonos gezeigt. Darunter ist die Amphora, auf der Bildthemen vom Fall Trojas dargestellt sind. Auf der Metope am Hals der Amphore ist sehr gut das trojanische Pferd zu erkennen, sogar die Räder, mit denen es in die Stadt gerollt wurde. Weiter sind Köpfe der Krieger zu erkennen sowie auf einem Relief die Schrecken des Krieges.
Auf Gefäßen mit „schwarzfiguriger Technik“ bemalt, sind Szenen von Wettkämpfen vom täglichen Trainig der Jugendlichen wiedergegeben, aber auch viele sehr gute erhaltene Darstellungen der Heldentaten von Herkules, von Odysseus oder von Göttinnen wie Athena und Nike, die vor einem Altar ein Trankopfer bringen.
Zu den Sehenswürdigkeiten in der Umgebung von Mykonos-Stadt gehört das Kloster Panagia Tourliani aus dem 16. Jahrhundert. Es steht im Ort Ano Mera, fünf Kilometer östlich der Stadt.
Land und Leute
Mykonos befindet sich 94 Seemeilen südöstlich von Piräus, hat eine Fläche von nur 85 Quadratkilometern und eine Küstenlänge von etwa 80 Kilometern. In ihrer Nähe liegen Delos, Rheneia, Tinos und Naxos.
Sie ist eine sehr felsige Insel und hat nicht viele Erhebungen. Die höchsten Gipfel sind der Prophitis Ilias Vorniotis (372 Meter) und der Prophitis Ilias Anomeritis (351 Meter). Die Küste ist abwechslungsreich mit ihren vielen kleinen und großen Buchten wie Korphos, Ormos Panormou, Kalo Livadi, Merhia und Ornos.
Das Klima ist mild im Winter und durch den Nordwind Meltemi kühl im Sommer. Der Boden ist felsig und trocken und kann nur an wenigen Stellen kultiviert werden, wo ein wenig Wein und Obst angebaut werden.
Als Überlebenschance bot sich den Mykoniaten das Meer. Fischfang, Schifffahrt, Handel und Schiffbau entwickelten sich.
Bedingt durch die häufige Abwesenheit der Männer, die zur See gingen, begannen die zurückgebliebenen Frauen, sich auf Heimarbeit zu verlegen. Sie mahlten Mehl und backten Brot, nicht nur für den einheimischen Bedarf, und widmeten sich der Weberei. Von den 16 Windmühlen sind heute nur sechs übrig, die still stehen und von den 500 Webstühlen sind heute nur 20 in Betrieb.
Die Mykoniaten kennzeichnet durch die Jahrhunderte die Eigenschaft der optimistischen Lebenseinstellung. Sie sind offen, anpassungsfähig und herzlich. Obwohl sie immer von fremden Einflüssen umgeben waren, halten sie ihre traditionellen Sitten und Gebräuche. Violine und Laute begleiten nach wie vor ihre heimatliche Gesänge und Tänze.
Leidvolle Geschichte
Der Mythos sagt, dass die Insel ihren Namen von Mykonos erhielt, dem Sohn des Halbgottes Anios. Der wiederum entstand aus der Verbindung von Apollon und der Nymphe Roia. Ein anderer Mythos besagt, dass Herakles nach seinem Sieg über die Giganten deren Körper über Mykonos verstreut hat, wo sie versteinerten. Daher der felsige Charakter der Insel.
Erste Bewohner auf der Insel waren vermutlich die Karer, danach kamen Ägypter, Phönizier, Kreter und schließlich die Jonier. Im Anschluß an die Persischen Kriege (478 v.Chr.) war Mykonos Mitglied des Ersten Attischen Bundes mit Sitz auf Delos. Sie stand unter dem Einfluß von Delos, das als Zentrum des Apollon-Kultes in der griechischen Antike eine Machtposition innehatte. Delos soll der Geburtsort von Apollon sein, Sohn der Leto, die hier auf der Flucht vor Hera, der Zeusgattin, Zuflucht gefunden hatte.
Nach der Vorherrschaft des Römischen Reiches im östlichen Mittelmeer, dann des Byzanz bis zum 13. Jahrhundert, unterstand Mykonos über hundert Jahre direkt dem mächtigen Venedig. Im Jahr 1537 zerstörte sie Barbarossa völlig.
Drei Jahrhunderte war die Insel unter türkischer Herrschaft.
Der einzige Lichtblick in dieser leidvollen Epoche war die Gründung eines Gemeinderats. Ab 1615 hatten sie das Recht, jedes Jahr ihre Vertreter zu wählen. Die Ratsmitglieder hielten Gerichtssitzungen ab, berieten über die Wirtschaftslage und trieben Steuern für den Pascha ein. Das letzte Wort hatte immer der Pascha.
Ende des 18. Jahrhunderts besaß Mykonos eine hochgeschätzte Flotte, die erst bei der napoleonischen Blockade eingesetzt wurde und später, beim Ausbruch der Revolution (1821), gegen die Türken.
Zu den bekanntesten griechischen Freiheitskämpfern gehören die Mykoniaten Bonis, Kosadinos und Phamelis, aber auch die große Freiheitskämpferin der Insel, Manto Mavrogenous. Sie nahm an vielen Schlachten teil und opferte ihr ganzes Vermögen dem Freiheitskampf.
Nach dem Beginn der neuen historischen Epoche erholte sich die Insel rasch, indem sie sich auf Handel, Schifffahrt und Schiffbau konzentrierte. Die Entwicklung der Dampfschifffahrt machte aber ihren Aufschwung zunichte. Es folgte eine große Auswanderungswelle auf benachbarte Inseln und ins Ausland. In Illinois leben heute 200 Familien aus Mykonos.
Im 2. Weltkrieg machten die verbliebenen Mykoniaten von sich reden, als sie mit allen Kräften am Kampf gegen den Faschismus teilnahmen.
Den Tourismus als Wirtschaftsfaktor entdeckten die Insulaner in den 20er Jahren und dann wieder nach 1950, als manche Europäer das antike Griechenland vor Ort kennenlernen wollten. Die Nähe zu Delos erweist sich als sehr wichtig für Mykonos.