Von landschaftlich und kulturell ganz eigenem Reiz ist der mittlere der nach Süden weisenden drei “Finger” der Peloponnes, die Mani-Halbinsel. Der nordwestliche Teil, die “äußere” Mani gehört heute zur Präfektur Messenien, der Süden und Osten, die “innere” Mani ist der Präfektur Lakonien zugeordnet.
Durch die ganze Halbinsel zieht sich wie ein mächtiges Rückgrat das gewaltige Taygetosgebirge, dessen höchster Gipfel, der Profitis Ilias, mit 2407 m der höchste Berg der Peloponnes ist. Die Südspitze der Mani, das Kap Tenaron, liegt auf der Höhe von Sizilien und ist, nach einer Stelle in Spanien, der zweitsüdlichste Punkt des europäischen Festlandes.
Von Kalamata kommend schraubt sich die Straße in zahlreichen Windungen allmählich in die Höhe. Man blickt in wilde Schluchten, dann wieder genießt man atemberaubende Panoramablicke auf das weit unten liegende tiefblaue Meer. Der erste Ort, durch den man kommt, ist das Gebirgsdorf Kambos, wo man eine Kreuzkuppelkirche (Agii Theodori) aus dem 14. Jh. besichtigen kann. Bald nach dem Dorf überrragt die fränkische Festung Zarnata einen kegelförmigen Hügel. Hier in der äußeren Mani ist die Vegetation im Vergleich zur kargen und rauen inneren Mani noch recht üppig. Tiefgrüne Zypressen und Olivenhaine säumen den Weg. Etwa 30 km nach Kalamata sehen wir dann tief unten am Meer das Städtchen Kardamyli liegen.
Ein idyllisches Hafenstädtchen, dessen schmale Hauptstraße von teils schön restaurierten Steinhäusern flankiert ist, in denen Läden, Souvenirshops, Cafes und Tavernen untergebracht sind. Wen der Verkehr stört, der kann die wenigen Schritte zum Hafen bummeln, wo gemütliche Cafes und Tavernen zum Einkehren einladen und kleine Jungen von der Mole ins Wasser hüpfen. Rechts vom Hafen zieht sich ein langer Kieselstrand hin, der selbst im Hochsommer nicht überfüllt ist. Hier kann man wunderbar zusehen, wie am Abend die Sonne im Meer versinkt und mit ihren letzten Strahlen den imposanten Gipfelkegel des Profitis Ilias in warmes Rot taucht.
Oberhalb der Hauptstraße, im alten Ortsteil von Kardamyli, finden wir ein beeindruckendes Zeugnis der unverwechselbaren Bauweise der Mani. Das alte Gemäuer einer maniotischen Burg überragt den kleinen Hügel. Weiter im Süden der Mani werden uns noch viele der bis zu 25 m hohen, typisch maniotischen Wehrtürme begegnen. Sie wurden einst errichtet von den maniotischen Clans, die ihren meist durch Piraterie erworbenen Reichtum zur Schau stellen und gleichzeitig sich und ihre Familien schützen wollten vor Übergriffen - seien es verfeindete andere Clans (auf der Mani hielt sich die uralte Tradition der Blutrache außerordentlich lange) oder türkische Steuereintreiber. Der Wehrturm in Kardamyli hat eine Treppe, im Gegensatz zu vielen anderen Wehrtürmen der Mani, die nur über Leitern zugänglich waren. Auf dem Gelände der Burg liegt auch die aus alten Steinquadern und reliefierten Werkstücken zusammengesetzte Kirche Agios Spiridon. Die Angaben über ihre Errichtungszeit sind leider ebenso widersprüchlich wie die Angaben über die Burg, deren Errichtung einige auf die Venezianer zurückführen. Einigen Quellen zufolge handelt es sich um eine byzantinische Kirche aus dem 6. Jh., die meisten datieren sie aber ins 18. Jh., was wohl eher zutrifft. Diese Widersprüchlichkeit ist bedauerlich, sollte einen aber nicht vom Genuss der interessanten Besichtigung abhalten. Charakteristisch für maniotische Kirchen ist der schlanke, fünfstöckige Glockenturm, der mit Ornamenten verziert und von Bogenfenstern durchbrochen ist. Er ähnelt dem Campanile der Taxiarchenkirche in Areopoli, der Hauptstadt der inneren Mani. Auffallend sind die feinen
ornamentalen Fenster- und Türeinfassungen aus weißem Marmor, die einen reizvollen Kontrast bilden zum graubraunen Mauerwerk. Ein Stück eines mittelalterliches Templons bildet den unteren Rahmen eines Fensters. Die Ranken, Vögel und byzantinischen Doppeladler oberhalb des Fensters dürften aus der Bauzeit der Kirche stammen. Oberhalb der Agios Spiridonkirche liegen hinter einem weiteren Kirchlein zwei aus dem Felsen gehauene Grabkammern, von denen gesagt wird, dass es die Gräber der Dioskuren Kastor und Ploydeikes seien.
Funde im Bereich der alten Akropolis stammen aus mykenischer Zeit. Bei Homer (Ilias IX, 150.292) wird Kardamyli als eine der Städte erwähnt, die Agamemnon dem Nestor anbietet.
Besiedelt war die Mani jedoch schon weit früher. In verschiedenen Höhlen ließ sich eine Besiedelung bereits in der Steinzeit nachweisen.
Wenn man die Fahrt fortsetzt erreicht man nach wenigen Kilometern den reizenden Fischerhafen Stoupa mit den Ruinen der fränkischen Burg Beaufort. Die besondere Atmosphäre dieses Ortes wurde in vielen Bildern des in Stuttgart lebenden griechischen Malers Toni Maniatis eingefangen. Der schöne Sandstrand von Stoupa ist im Sommer ziemlich bevölkert. Massentourismus gibt es auf der Mani zwar nicht, dafür ist die Gegend zu schwer erreichbar und die Strände sind zu klein. Aber in der Hochsaison im August gibt es doch recht viele Menschen, die hier ihre Ferien verbringen und die Unterkünfte sind zum großen Teil belegt.
Wenig bekannt und noch immer ein Geheimtipp sind die herrlichen Schluchten der messenischen Mani. Eine der schönsten Schluchten der Peloponnes ist die Kambos-Schlucht, die in der Nähe des Bergdorfes Kambos bei Pigadia bis zur Bucht von Kitrion am Meer führt. Sie kann in knapp 4 Stunden durchwandert werden. Die Felswände treten mitunter so eng zusammen, dass sie sich fast zu berühren scheinen. An einer Stelle der Schlucht stürzt ein Wasserfall über 20 m herab. Die Wanderung ist zwar lang und anstrengend, aber nur mäßig schwierig. Eine weitere, etwas einfachere Schluchtwanderung kann man vom Dorf Tseria bis nach Kardamyli unternehmen. Gutes Schuhwerk empfiehlt sich bei beiden Wanderungen, da man weite Strecken über Geröll wandert.
Nach Stoupa entfernt sich die Straße etwas vom Meer und windet sich wieder in die Höhe. Nach einigen Kilometern führt eine kleine Straße wieder ans Meer zu den Dörfern Agios Nikolaos mit seinem idyllischen Hafen, Agios Dimitrios und Trachila, wo die Straße endet. Hier kann man auch in der Hochsaison ruhige Urlaubstage verbringen. Folgt man jedoch der Hauptstraße, erreicht man bald die Dörfer Platsa und Nomitsi. Die beiden Dörfer sind sehr klein, haben aber dennoch die stattliche Anzahl von sechs, bzw. sieben Kirchen vorzuweisen, wobei es etwas mühsam ist, die Menschen zu finden, die den Schlüssel haben. Die Kirchen werden von den Menschen hier mehr als ein Ort der Andacht betrachtet und weniger als kunsthistorisches Besichtigungsobjekt, wobei sie gerade in dieser Hinsicht auch sehr interessant und bewundernswert sind. Überhaupt sind es neben den Wehrtürmen und der Landschaft vor allem die vielen Kirchen, die charakteristisch sind für die Mani. Die konservative Frömmigkeit der Manioten ließ hier eine ganz eigenständige Kunstlandschaft entstehen und die Dichte der meist nur einschiffigen Kirchen und Kapellen ist im gesamten Mittelmeerraum einzigartig. Teils aus riesenhaften Bruchsteinblöcken ohne Mörtel gefügt, teils liebevoll verziert mit abwechslungsreichen Ziegelornamenten legt jede der Kirchen ein Zeichen der tiefen Religiosität der Mani-Bewohner ab.
Im der Mitte des Bergdorfs Langada ist eine weitere Kirche zu bewundern, deren Außenwände reich mit Ziegelornamenten verziert sind. Und auch hier trifft man auf die maniotischen Wehrtürme. Nach Langada sind es nur noch wenige Kilometer, dann verlässt man die Präfektur Messenien und erreicht den lakonischen Teil der Mani. Von Areopoli aus, der Hauptstadt der inneren Mani, kann man den überaus kargen, aber ungeheuer eindrucksvollen Süden der Mani erkunden. Doch davon ein anderes Mal mehr...