Nach zahlreichen Inselurlauben und gelegentlichen Besuchen in Athen steht diesmal ein Trip auf den Peloponnes auf dem Programm. Bekannte von uns posteten Fotos aus Nafplio auf Facebook, meine Freundin war sofort infiziert und ich schloss mich gern dieser Reise an.
Nafplio liegt am Argonischen Golf, im östlichen Zipfel des Peloponnes und etwa zwei Busstunden von Athen entfernt. Mit dem Ktel-Bus ab dem Athener Busbahnhof Kifissou reisen wir bequem in die Argolis, den Bezirk, zu dem Napflio, aber auch Argos, Mykene und Epidauros gehören. Davon werden wir später noch zu reden.
Unser Quartier beziehen wir mitten in der Altstadt. Die Pension entpuppt sich als windschiefes Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, die Böden sind abschüssig, Fenster und Türen weisen diesbezügliche Spalten auf, aber die Einrichtung ist ordentlich und sauber, das Bett bequem, die Dusche geräumig und die Klimaanlage pustet auch warme Luft an den kühlen Abenden. Wir sind zufrieden.
Es gibt so viel zu sehen in der Stadt, dass wir nur für drei von sieben Tagen ein Auto mieten werden. Den Rest erledigen wir zu Fuß, mit Taxi oder dem lokalen Bus.
Im 19. Jahrhundert war Nafplio für einige Jahre die Hauptstadt Griechenlands, und davon erzählen die Einwohner heute noch voller Stolz. Aber bereits seit mehreren tausend Jahren gibt hier eine Stadt und die zahlreichen Burgen und sonstigen alten Gebäude zeugen von der wechselhaften Geschichte, der man überall begegnen kann.
Auf einem steilen Felsen, 216 Meter über der Stadt, thront die Festung Palamidi aus dem 17./18. Jh. Über rund 850 Stufen kann diese venezianische Festung erreicht werden, oder aber etwas bequemer über eine Zufahrtsstraße. Diesen Weg wählen wir und nehmen uns einen Taxifahrer für die Tour. Da wir im März unterwegs sind, sind noch nicht viele Touristen hier, die Griechen noch sehr entspannt und die Preise moderat. So kostet uns die Auffahrt nebst einer Stunde Warten und Rückfahrt nur 25 Euro - in der Saison gern das Mehrfache! Aber es lohnt sich. Die Festung teilt sich in 8 Bastionen auf, die bis ins 19. Jh. immer wieder erweitert wurden. Von jeder Ecke eröffnen sich neue Blicke hinunter auf Nafplio, das Meer und die Umgebung. Jetzt im Frühling blüht es aus jeder Mauerritze.
Von Palamidi blickt man auf die tiefer gelegene Festung Acronafplia, die man bequem über eine Straße oder wenige Stufen von der Altstadt erreichen kann. Auch hier gibt es jede Menge "olle Steine", Geschichte pur, aber auch moderne Bausünden wie ein Hotel. Rund um diesen Festungsberg führt knapp oberhalb des Wassers ein gepflasterter Spazierweg, der dann am Hafen endet (oder beginnt, je nachdem). Beeindruckend steil ragen hier die Felsen auf und wo sich die Gelegenheit auch nur ansatzweise bietet, wachsen Opuntienkakteen auf dem Berg. Am Sonntag ist hier reger Spazierverkehr von Familien oder Freundescliquen zu verzeichnen.
Am Hafen, mit Blick auf die kleine Festungsinsel Bourtzi, gibt es zahlreiche Cafés, die auch im Winter dank der Heizpilze zum draußen sitzen einladen. In den engen Gassen der Altstadt bleibt immer noch Platz für die Tische vieler Tavernen und Lokale, jetzt teilweise durch kleine Wintergärten geschützt. Es gibt vornehmere Lokale, aber auch viele traditionelle Tavernen mit den obligatorischen Papiertischdecken und bodenständiger griechischer Küche, kreative und junge Küche, auch ein Sushi-Lokal und Italiener haben wir gesehen - kurzum, für jeden Geschmack findet sich etwas und auch der schmale Geldbeutel wird hier satt.
Besonders gut hat es uns im Αίολος (Aeolos, leckere moderne griechische Küche mit frischen Ideen und Produkten), im Τα Φανάρια (To Fanaria, gute griechische Hausmannskost und ebensolche Atmosphäre) und in der Μεζεδοπωλείο Το Λυχνάρι (Mezes To Lixnari, klein und gemütlich und leckerer Rakómelo) gefallen, aber auch die anderen Lokale waren nicht schlecht, einen Reinfall haben wir nicht erlebt. Die Zeit war viel zu kurz, um dem Angebot gerecht zu werden, gleiches gilt für die zahlreichen Bars. Hier sei die Μαύρος Γάτος (Schwarze Katze) besonders erwähnt!
Die genannten Lokale haben uns gut gefallen. Das ist letztendlich Geschmackssache, aber vielleicht eine Entscheidungshilfe für spätere Nafplio-Reisende.
Das Herz der Stadt ist der Syntagma Platz, dessen glatt gepflasterte Fläche den Kindern einen ebenen Untergrund fürs Ballspielen oder Radfahren bietet. Auch hier säumen Cafés und Bars den Platz und die Sessel in der Sonne oder abends unter den Heizpilzen sind am Wochenende schnell belegt.
Das westliche Ende des Syntagma Platzes wird vom Archäologischen Museum beherrscht. Das Gebäude stammt aus der venezianischen Zeit und beherbergt heute eine interessante Sammlung von Fundstücken aus allen möglichen Epochen. Ein Besuch lohnt sich. Für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer gibt es einen Aufzug zu den Ausstellungsräumen.
Hinter dem Museum befindet sich die Kirche der Geburt der Jungfrau Maria mit einem der schönsten und beeindruckendsten Innenräume, die ich in Griechenland gesehen habe. Und da hat Griechenland ja einiges zu bieten!
In den Gassen gibt es natürlich nicht nur Lokale, sondern auch unzählige Geschäfte. Der "übliche Kitsch" ist allgegenwärtig, aber es gibt auch viele Läden, die mit ausgefallenen Dingen locken. Weitere Museum sind das einzigartige Komboloi-Museum und eine Peloponnesische Folklore-Sammlung. Auch ein Kriegsmuseum kann man besuchen. Der Bummel durch die Altstadtgassen wird nie langweilig. Unterwegs treffen wir zahlreiche Straßenkatzen und Hunde, die in aller Seelenruhe mitten auf den Plätzen und Wegen ruhen. Sie machen überwiegend einen guten Eindruck und wir sehen viele Futterstellen.
Im neustädtischen Bereich befindet sich der Bayerische Löwe, den König Ludwig von Bayern 1840 dort aus dem Fels schlagen ließ. Es ist ein netter kleiner Spaziergang von höchstens 15 Minuten aus der Altstadt heraus.
Nafplio ist ein hervorragender Ausgangspunkt für Touren in die Argolis. Nach Tolo fahren wir mit dem Linienbus. 1,80 Euro kostet die Fahrt und dauert nur ca. eine halbe Stunde, obwohl der Bus gerade im Bereich Nafplio noch an einigen "Stasis", die oft als solche nicht erkennbar sind, anhält. Das ehemalige Fischerdorf Tolo ist eher modern-hässlich verbaut, aber man kann wunderschön am Strand entlang laufen und in einer der zahlreichen Tavernen, die ihre Stühle im Sand stehen haben, leckeren Fisch essen.
Unsere Autotouren führen uns nach Methana, Epidaurus, Mykene und Korinth. Die vulkanische Halbinsel Methana ist ein landschaftliches Highlight für mich und gerade jetzt im Frühling mit all den bunten Blumen und dem frischen Grün wunderschön. Wandern können wir leider nicht, aber eine Rundfahrt mit dem Auto gibt einen guten Überblick. Im netten kleinen Fischerhafen Vati bekommen wir einen Kaffee, ansonsten sieht es leider mau aus mit geöffneten Tavernen. Erst in Methana Stadt finden wir dann ein Lokal, wo wir direkt am Wasser einige Mezes, Wein und Kaffee genießen. Die Stadt selber empfinden wir als ziemlich heruntergekommen, durch das Marode dennoch mal sehenswert.
An die Methana-Rundfahrt schließen wir noch einen Abstecher nach Galatas an, wo wir spontan die Fähre nach Poros besteigen und einen Kaffee trinken. Auch hier ist noch vieles im Winterschlaf bzw. wird gerade renoviert und für die Saison hergerichtet. Die Rückfahrt aufs Festland mit dem Wassertaxi kostet ebenso wie die Fähre nur einen Euro und dauert keine 10 Minuten.
Die Ausgrabungen und historischen Stätten von Epidaurus und Mykene sind ein Muss, wenn man in der Gegend ist. Das antike griechische Theater von Epidaurus wurde im 4. Jh. v.Chr. erbaut und ist ein beeindruckender Bau und Beweis dafür, mit welcher Präzision damals schon insbesondere die Akustik berechnet werden konnte. Eine Reiseführerin demonstriert, dass man vom Mittelpunkt der Arena an jedem Sitzplatz in den Rängen gehört wird - und die Münze klingt auch im oberen Drittel noch, als fiele sie neben mir auf die Steine. Das Theater wird heute noch bespielt, eine Aufführung hier muss ein großartiges Erlebnis sein. Dazu gehört auch noch eine antike Kultstätte für den Heilgott Asklepios, das Asklepion.
Durch wunderschöne Landschaft fahren wir nach Mykene. So gern möchte ich hier und da anhalten und schauen, aber diese Reise kann nur ein erstes Schnuppern in die Landschaft des Peloponnes, speziell der Argolis, sein. In Mykene erklimmen wir natürlich die Akropolis und passieren das berühmte Löwentor. Trotz der frühen Jahreszeit ist die Ausgrabung gut besucht, aber die Menschen verlieren sich, je weiter man durch die historische Stadt wandert. Ich bin kein Geschichtskenner, aber jedes Mal schwer beeindruckt von der Leistung der damaligen Erbauer all dieser Anlagen. Teile der Bauten datiert man auf das 13. Jh. v.Chr. Etwas unterhalb ist ein Kuppelgrab, bekannt als das "Schatzhaus des Atreus" zu besichtigen.
In der Nähe von Mykene gibt es ein witziges Café mit Antiquitätenverkauf, die Silo Art Gallery, wo man in und neben einem umgebauten Silo sitzen und leckere Kleinigkeiten verzehren kann. Viele lokale Produkte werden verkauft. Durch einen großzügig angelegten Souvenirshop gelangt man in eine riesige Halle, in der unzählige alte Möbel, Gerätschaften, Fahrzeuge usw. gelagert sind und auf Käufer oder weitere Verarbeitung zu Kunstwerken oder "shabby" Möbeln warten. Ein Besuch lohnt sich, die beiden Silos an der Straße von Mykene nach Nafplio kann man nicht verfehlen.
Unser dritter Autoausflug führt uns nach Korinth. Die Landschaft hinauf zum Isthmus, der Landenge zwischen dem Golf von Korinth und dem Saronischen Golf, ist geprägt von Landwirtschaft und jetzt im März blühen die Obstbäume. Wir vermeiden die Autobahn und fahren gemütlich "über Land", eine genussvolle Reise. Erst in Korinth genehmigen wir uns in einem der zahlreichen Cafés einen Kaffee, durchqueren dann die eher moderne Stadt, um unser Hauptziel, den Kanal, aufsuchen.
Am Golf von Korinth wird die Einfahrt in den Kanal durch eine flache Brücke versperrt. Bei unserer Ankunft steht die Ampel dort auf Rot und die Brücke verschwindet langsam im Wasser! Über den Golf naht ein Frachtschiff, gezogen von einem der kleinen Schlepper, passiert es die Brückenanlage und verschwindet schließlich gemächlich im Kanal, den das Ufer hier oben noch recht flach einfasst. Nachdem die Brücke wieder aufgetaucht ist, fahren wir hinüber und schlagen auf der anderen Seite den Bogen hinüber zur Autobrücke am anderen Ende des Kanals. Fußgänger können hier gefahrlos auf die Brücke laufen und so beobachten auch wir, wie das Schlepper-Frachter-Gespann langsam durch den Kanal in Richtung Saronischer Golf tuckert. Die Felswände ragen hier steil ins Wasser und machen die Leistung der Arbeiter deutlich, die diesen Kanal von 1881-93 erbauten. Er ist ca. 6,3 km lang und spart der Seefahrt einen Umweg von mehreren hundert Kilometern.
Die Idee des Kanals entstand bereits in vorchristlicher Zeit, konnte jedoch damals nicht ausgeführt werden. Im 6. und 5. Jahrhundert v.Chr. wurde ein Schiffskarrenweg, der sogenannte Diolkos, gebaut. Reste davon sind heute noch zu sehen. Rund um die Jahrtausendwende hatten die Römer zahlreiche Pläne zum Kanalbau, verwarfen diese jedoch wieder, da sie glaubten, die Wasserspiegel im Korinthischen und Saronischen Golf wären unterschiedlich und durch den Kanaldurchbruch könnte z.B. auch Ägina überschwemmt werden! Letztendlich kapitulierten sie dann doch vor der Menge Fels, die hätte bewegt werden müssen, schließlich gab es ja noch keinen Sprengstoff.
Als wir uns endlich vom beeindruckenden Anblick des Kanals losreißen, fahren wir weiter zu den Ausgrabungen von Korinth und hinauf auf die Burg Akrokorinth. Allein die Auffahrt mit dem Auto und die Ausblicke auf die untenliegende Landschaft und die obenliegende Burg sind die Fahrt wert, die Burg selber besuchen wir nicht, da es sehr stürmisch hier oben ist. Unten in Archaia Korinth gibt es dann noch einige Ausgrabungen zu besichtigen.
Unsere letzten beiden Urlaubstage verbringen wir ohne Auto in der Stadt und als krönenden Abschluss besuchen wir am Samstag den Wochenmarkt von Nafplio. Auf einer Länge von etwa 300 m bieten zahlreiche Händler Obst und Gemüse an, auch einige Kleider- und Hausratverkäufer findet man. Es herrscht reges Markttreiben und die Masse an frischen, bunten, wohlriechenden Erzeugnissen erschlägt einen fast. Gewürze, Honig, Wein, Blumen und frischer Fisch runden das Angebot ab. Schade, dass man als Tourist, der noch dazu am nächsten Tag abreist, nichts oder nur wenig kaufen kann (ein Bund wilder Spargel und zwei dicke Zitronen kommen dann doch mit nach Berlin!).
Diese Woche war voller Eindrücke und Erlebnisse, die nach Wiederholung rufen. Der Peloponnes hat zwei neue Fans gefunden.