Von Osten her muss man kommen, will man sich Ioannina von seiner schönsten Seite nähern.
Von den Höhen des Pindosgebirges sieht man die Stadt weit unter sich liegen. Die Häuser scheinen von den bewaldeten Hügeln im Westen gleichsam in den malerischen Pamvotis-See zu fließen.
Ioannina ist mit ca. 103.000 Einwohnern und der Universität die Metropole der nordwestgriechischen Provinz Epirus, geschäftig, lebendig, und liegt an der Stelle, wo sich die Nord-Süd-Achse Kozani-Arta und die wichtige West-Ost-Verbindung Igoumenitsa-Larissa-Thessaloniki kreuzen.
Im Vergleich zu anderen griechischen Städten oder den Inseln ist Ioannina kaum vom Tourismus geprägt. Was auf den Besucher, der wirklich ins griechische Leben eintauchen möchte, eher anziehend wirkt.
Hierher kommen die Bewohner des Umlands um ihre Geschäfte zu erledigen, um einzukaufen und auszugehen. Und hier lässt sich alles miteinander auch gut verbinden.
Um die Stadt herum liegen die mehr industriell geprägten Gebiete, in der Mitte befinden sich zahlreiche Geschäftsstraßen. Die Gassen der malerischen Altstadt unweit des Sees sind eher den zahlreichen kleinen Geschäften vorbehalten, die vorwiegend das hier typische Silberkunsthandwerk anbieten, und laden ein zum Bummeln. Ein paar Schritte weiter und man ist an der Uferpromenade des Pamvotis-Sees mit den wunderschönen alten Platanen – ein idealer Platz für die „Volta“, den griechischen Abendspaziergang. Aus den Lautsprechern der CD-Händler sind die schwermütigen Klarinoklänge der epirotischen Musik zu hören, gleich daneben werden geröstete Maiskolben angeboten. Paare, Familien, Cliquen von Jugendlichen flanieren hier abends um zu sehen und gesehen zu werden. Oder sie lassen sich in einem der vielen Cafés und Tavernen nieder und schauen von dort aus dem bunten Treiben zu.
An der Uferpromenade befindet sich auch die Anlegestelle für die kleinen Fährboote, die Ioannina mit der Kyra Frosyni Insel – liebevoll „to Nisaki (das Inselchen) genannt – auf dem Pamvotis-See verbinden. Die Überfahrt mit den halbstündlich verkehrenden Booten dauert etwa 15 Minuten und bietet herrliche Ausblicke auf die Festung mit dem sie überragenden Minarett, auf die Stadt Ioannina und auf die imposanten Bergketten des Pindosgebirges. Auf der Insel angekommen, kann man entweder gleich in einer der zahlreichen Fischtavernen unter riesigen, uralten Platanen einkehren. Oder man erkundet zuerst die Insel. Die engen gepflasterten Hauptgassen sind von Andenken- und Spezialitätenläden gesäumt. Dabei stehen die schönen, für Ioannina typischen Silber- und Kupferschmiedearbeiten im Vordergrund. Aber auch Ikonen, heimische Spezialitäten, Liköre und Süßwaren werden angeboten. Hier herrscht rege Betriebsamkeit, man wird von den Händlern oder von den Tavernenbesitzern angesprochen und eingeladen, ihre Waren zu bestaunen oder ihr leckeres Essen zu probieren. Östlich von der Hauptgasse liegt das Panteleimon-Kloster. Dort befindet sich heute ein Gedenkraum an Ali Pascha, der Ioannina von 1788 – 1820 beherrschte (siehe unten).
Abseits der belebten Hauptgassen ist es bedeutend ruhiger. Weißgekalkte Haus- und Gartenmauern bilden einen reizvollen Kontrast mit Blumen in allen Farben.
So klein die Insel ist, so beeindruckend ist die Tatsache, dass es hier sieben Klöster gibt. Ein kleiner gepflasterter Weg führt zunächst westlich zu dem besonders sehenswerten Kloster Agios Nikolaos Spanos (Philanthropion), das aus dem 11. Jh. stammt. Eine alte, über ihren Stock gebeugte Nonne schließt dem Besucher die Kirche mit ihren gut erhaltenen Fresken auf, darunter eine ungewöhnliche Darstellung von bedeutenden Persönlichkeiten aus der Antike (Solon, Thukydides, Plato, Aristoteles, Plutarch), die im Vorraum dargestellt sind. Folgt man dem Weg weiter, so kommt man zum Kloster des Heiligen Nikolaos Dilios aus dem 11./13. Jahrhundert. Im 13. Jh. wurde das hübsche kleine Agios Ioannis Prodromos Kloster am östlichen Ende der Insel erbaut. Seine Fresken sind aus dem 18. und 19. Jahrhundert.
In Ioannina, besonders in der ummauerten Festung (Frourion), die auf einer Halbinsel liegend in den See ragt, begegnen dem Besucher mehr als in anderen griechischen Städten Spuren der Osmanischen Zeit. Und anders als in anderen Städten hat man hier die alten Moscheen nach dem Ende der osmanischen Herrschaft nicht abgerissen sondern die Hauptmoschee, die Aslan-Aga-Moschee, blieb als Kulturdenkmal erhalten und wurde sorgfältig restauriert. Heute ist dort das Volkskundemuseum untergebracht. Alltagsgegenstände und schöne alte Trachten vermitteln ein Bild des täglichen Lebens der letzten vier Jahrhunderte. Gleich daneben befinden sich die alte türkische Bibliothek und eine Synagoge.
Auch die einstige kleine Stadt, deren hübsche kleine Häuser teilweise liebevoll restauriert wurden, lag innerhalb der Festungsmauern. Auf einer Anhöhe innerhalb der Festung liegt das Byzantinische Museum mit vielen, außerordentlich sehenswerten Ausstellungsstücken, das Mausoleum des Ali Pascha und ein kleines Museum, in dem man die lokale Gold- und Silberschmiedekunst bewundern kann.
Das Archäologische Museum von Ioannina liegt im Zentrum der Neustadt in der Nähe der Kentriki Platia mit ihrem bekannten Glockenturm (To Roloi). Das 1970 erbaute Museum wurde vor einigen Jahren völlig neu gestaltet und präsentiert nun in sehr ansprechender Form bedeutende Exponate von verschiedenen Fundorten im Epirus. Gezeigt werden Funde aus neolithischen und bronzezeitlichen Gräbern, aber auch aus der geometrischen und archaischen Zeit. Ein eigener Raum ist der ältesten griechischen Orakelstätte Dodona gewidmet, die nur 20 km von Ioannina entfernt ist. Besonders bemerkenswert sind die zahlreichen Täfelchen mit Fragen an das Orakel. „Ist das Kind, das meine Frau erwartet, von mir?“ wird da beispielsweise gefragt. Man wusste sich also schon vor der Erfindung von DNA-Analysen zu helfen…
Auch in der näheren Umgebung von Ioannina gibt es viel zu entdecken. Wenige Kilometer außerhalb von Ioannina kann man die lebensechten Wachsfiguren bestaunen, die das bei den Griechen sehr beliebte Vrelli-Museum ausstellt.
Nur 4 km nördlich von der Stadt liegt die bekannte Perama-Höhle, die noch nicht vollständig erkundet ist. Bizarre Tropfsteingebilde in der weitläufigen Höhle entführen den Besucher in eine ganz andere Welt.
Etwa 40 km sind es bis zum Vikos-Aoos-Nationalpark mit der einzigartigen Vikosschlucht und zu den Zagoriadörfern mit ihren wunderschönen alten Steinhäusern. Die Häuser wurden teilweise noch von den berühmten epirotischen Steinbaumeistern, den „Felsenschwalben“ erbaut, von denen auch die eindrucksvollen, teils mehrbogigen Steinbrücken über die Gebirgsflüsse stammen, die einem immer wieder begegnen.
Es lohnt sich also, sich für den Besuch Zeit zu nehmen. Aber, wer diese bezaubernde Stadt einmal kennengelernt hat, wird sowieso wieder zurückkehren wollen.
IOANNINA - Die Silberstadt am See
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