Den Beleg dafür, dass das Grillen von Fleisch am Spieß über offener Feuersglut eine griechische Erfindung ist, findet Eleni Torossi – na, wo wohl? – bei Homer, natürlich. Im 9. Gesang der „Ilias“ (ab Vers 199) wird in allen Einzelheiten die „Grillparty“ beschrieben, die der des kriegerischen Gemetzels unlustige Achilleus seinen Gästen Odysseus, Phoinix und Aias spendiert. Für unsere Autorin ist das der Angelpunkt, eine Ich-Erzählerin (Eleana) zu erfinden und um sie herum eine Schar von Tanten zu gruppieren, die heilsamerweise weit genug voneinander entfernt auf Korfu, in Venedig und in Andalusien leben und sich samt Anhang trotzdem - oder gerade deshalb - alle Nasenlang reihum zu feuchtfröhlicher Feierei zusammenfinden. Spätestens seit „My Big Fat Greek Wedding weiß man, dass solche an sich absolut belanglosen Familiengeschichten durchaus Unterhaltungswert haben können. So verschroben wie im besagten Film geht es bei Eleni Torossi allerdings nicht zu, denn schließlich lässt sie ihre Geschichtchen ja in Europas alter Welt und vorzugsweise in deren aufgeklärter Hauptstadt München spielen. Nun soll also auch der letzte der dort angeblich noch immer versprengt herum laufenden bayerischen Deppen mitbekommen, wodurch sich kosmopolitisch-gehobene Lebensart auszeichnet. Für solcherart Spezialunterrichtung reicht freilich Homer als Gewährsmann nicht aus. Da muß Eleana dann schon einen Onkel ins Spiel bringen, der als Hirtenjunge am Olymp aufgewachsen ist. Er weiß genau, worauf es zum Beispiel bei Lammkoteletts ankommt, nämlich: sie müssen unbedingt aus der linken Körperhälfte des Tieres stammen. Warum?
Weil das Lamm nie auf seinem Herzen schläft, sondern immer nur auf der rechten Seite. Das Fleisch dort ist dann härter, weil es ständig gedrückt wird.“ Gratis zu dieser Finesse hinzu verrät unsere Eleana noch das Rezept für die Soße, in der die Koteletts vorm Grillen zu präparieren sind. Und alleinstehenden Damen gibt sie ganz nebenher mit auf den Weg: Ordere Dir einen Hobbykoch, den Du nach gemeinsamer Einnahme einer sehr interessanten Selleriesalatkreation im Zusammenwirken mit einem Cocktail aus Seeigelinnereien am besten gleich mit vernaschst. - Wem die Geschichtchen dieses Büchleins zu lau sind, der kann sich an den eingesprengten scharfen Kochrezepten schadlos halten. Zu diesen Rezepten (im Register schön nach Vor-, Haupt- und Süßspeisen sortiert) ist noch anzumerken, dass sie jeweils für mindestens sechs Personen berechnet sind. Sich nicht abkapseln, sich nicht einigeln – das ist insgeheim Eleni Torossis Botschaft. Für ihre interkulturellen Aktivitäten hat sie als seit vierzig Jahren begeisterte Münchenerin im Mai 2009 das vom Bundespräsidenten verliehene
Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ aus den Händen des Bayerischen Staatsministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst erhalten. Hierfür mit den auf Deutsch geschriebenen kulinarischen Geschichten gedankt zu haben ist ihr vortrefflichst gelungen.
Eleni Torossi:
Warum Tante Iphigenia mir einen Koch schenkte.
Geschichten meiner griechischen Familie.
Langen Müller. München 2009,
256 S.
ISBN 978-3-7844-3196-3