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Christoph U. Schminck-Gustavus: Winter in Griechenland

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2017-02-12 2017-04-24 12.02.2017

Wieder erscheint ein Titel von Schminck-Gustavus zuerst auf griechisch, dann auf deutsch. Auf der Grundlage seines 2008 erschienenen „Italoi kai Germanoi sta Giannena kai i katastrophi tis Ebraïkis koinotitas“ beschreibt er die italienische und deutsche Besatzungszeit in Ioannina (Nordwestgriechenland) so, dass man zwischen Frösteln und Spannung hin- und hergerissen wirst. Der Akademiker mit dem wohltuend unakademischen Stil hat wie schon in früheren Werken die bisherige Geschichtsschreibung und Archiv-Quellen den Angaben von schon seit den 90er Jahren befragten Zeitzeugen gegenübergestellt. Wie produktiv das ist, wird auf jeder Seite des Buchs deutlich. Über dasselbe Stabsquartier, dasselbe jüdische Ladengeschäft, dieselbe Partisanenaktion berichten die zeitgenössischen Texte von Geheimer Feldpolizei, spätere Befragungen von Staatsanwälten und damaligen griechischen Kindern. Dass bei Schminck-Gustavus das „The making of...“ seiner Spurenfindung einfließt, ist dabei nie störend: denn der Autor liefert so auf spielerischer Weise seine Quellenkritik gleich mit; vor allem aber geht es ihm (und uns, den Lesenden!) ja nie nur um die Wahrheitsfindung, sondern auch um den späteren und heutigen Umgang mit ihr und schließlich um das Schicksal der Menschen – nicht nur der Opfer, sondern auch der Täter.
Der Bremer Professor Schminck-Gustavus schaute nach Ablauf der Sperrfrist in die im Staatsarchiv aufbewahrten Bremer Gerichtsakten. Es gelingt ihm, die immer wieder verdrehte Wahrheit, immer wieder geleugnete persönliche Schuld der deutschen Besatzer
nachzuweisen. Was Staatsanwälte in den 50er bis 70er Jahren den angeklagten Tätern glaubten oder glauben wollten, schafft heutzutage ein Wissenschaftler als glatte Lügen aufzudecken.

Über die Shoah in Griechenland ist in Deutschland ungleich weniger bekannt als über die in Osteuropa. Auch im griechischen nationalen und antifaschistischen Diskurs war sie unterbelichtet. Als die italienische Besatzung Ioanninas 1943 durch die deutsche verdrängt wurde, schwankten die dortigen zweitausend griechischen Juden zwischen Resignation und Hoffnung, doch zu Flucht und Widerstand mochten sich die wenigsten unter ihnen entscheiden und galt sogar als Verrat an den anderen Juden. Ein Teil der christlichen Bevölkerung kollaborierte mit den Nazis, andere gingen in die Berge; nicht Wenige versuchten vom Holocaust zu profitieren, als schließlich die allermeisten Juden aus Ioannina in deutsche Vernichtungslager abtransportiert wurden. Nur wenige kehrten zurück.

Christoph U. Schminck-Gustavus:
Winter in Griechenland : Krieg - Besatzung - Shoah 1940-1944,
Göttingen: Wallstein, 2010,
384 S. ISBN: 978-3-8353-0591-5

Auf der Grundlage von Schminck-Gustavus, Christoph U.:
Italoi kai Germanoi sta Giannena kai i katastrophi tis Ebraïkis koinotitas
Bandangabe: Bd. 2, (=Mnimes katochis: trilogia)
Ausgabe: 1. ekd. Jahr: 2008 Umfang: 453 S.:
Ill. ISBN: 978-960-89527-6-8

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