Es ist die größte und südlichste Insel Griechenlands: Kreta. Sonnenhungrigen Urlaubern ist die Insel, die erst seit 1913 mit Griechenland politisch vereint ist, vor allem wegen ihrer Strände bekannt. Dabei ist Kreta mit den Weißen Bergen im Westen, dem Ida-Massiv in der Mitte und dem Dikti-Gebirge im Osten eine Insel der Berge.
Zu Streifzügen durch Kreta abseits der touristischen Wege laden Ellen Katja Jaeckel und Peter Peter den Leser ihres in der Reihe Picus Lesereisen des gleichnamigen Wiener Verlags erschienen Bandes „Ziegen, Götter, Bergschönheiten - rätselhaftes Kreta“ ein. Ob es nun auf Kreta zutrifft, dass „nirgendwo in Hellas Feste so leidenschaftlich und so laut gefeiert werden, begleitet von der dreisaitigen kretischen Lyra und der Laute“, wie es im ersten Kapitel „Pame Kriti! Auf nach Kreta“ heißt? Oder dass die Kreter Genussmenschen sind, die „ausgesuchte Zutaten allerbester Qualität beim Essen“ schätzen? „Die kretische Küche ist gesund, und nirgendwo gibt es in Griechenland so viele Biobauern und so viele Hundertjährige! Und nirgendwo wird man schon am Vormittag auf ein Gläschen selbst gebrannten Tresterschnaps, ,Raki’ auch ,Tsikoudiá’ genannt, eingeladen“, wie es in diesem einleitenden Kapitel weiter heißt. Dies bleibe mal dahingestellt. Doch unabhängig von solchen Superlativen, die die beiden Autoren den Kretern und ihrer Insel zuschreiben, gelingt es ihnen in ihrem 130-seitigen Buch, einen Einblick in die wechselvolle Geschichte der Insel, die Kulturgeschichte, die Mythologie und die durchaus vorhandenen kretischen Besonderheiten zu geben.
Ellen Katja Jaeckel (Jahrgang 1968), die Romanistik und Komparatistik studierte und heute das Athener Büro des Deutschen Akademischen Austauschdienstes leitet, und Peter Peter (Jahrgang 1956), der sich seit Jahren seiner Passion Weltreisen widmet, Restaurantkritiker ist und kunst- und kulturhistorische Bücher verfasst hat, entführen den Leser in das Dorf Amari, wo Charalambos Kounoupas lebt. Die Zeit scheint dort stehen geblieben zu sein. Das Rezept des 103-Jährigen für ein langes, gesundes Leben: „Liga ap’ola, - ein wenig von allem, die goldene Mitte. Das heißt vor allem wenig Essen und wenig Aufregung.“ In der Bucht von Matala, „an der sich der Sage nach Zeus in Stiergestalt mit der entführten Europa vereinte“, spüren die Autoren der dortigen Hippie-Vergangenheit nach: „Sag mir, wo die Hippies sind, wo sind sie geblie-ieben? Selbst gegenüber, auf Europas südlichster Insel Gavdos, halten nur noch wenige das ganze Jahr über Stellung.“ Erinnert wird in dem Buch auch an die Unterdrückung der Kreter durch Fremdherrscher auf der Insel, die Venezianer, Türken und die Nationalsozialisten, und den Widerstand gegen sie.
Der Palast von Knossos, archäologische Ausgrabungen, Blutrache, Hundequälereien, die kretische Literatur, Familienfeste und religiöse Feste - sind weitere Themen des Buches. Angesichts dieser Fülle kann manches verständlicherweise nur gestreift werden, bleiben manche Ausführungen mitunter an der Oberfläche. Nichtsdestotrotz erhält der Leser interessante Einblicke. Und vielleicht wecken Ellen Katja Jaeckel und Peter Peter ja mit ihrem unterhaltsam geschriebenen Buch seine Neugierde, noch mehr erfahren zu wollen über Kreta jenseits der Sonnenstrände.
Ellen Katja Jaeckel, Peter Peter: „Ziegen, Götter,
Bergschönheiten - Rätselhaftes Kreta“. Picus
Lesereisen. Picus Verlag Wien. 130 Seiten. 11 x 20,5 Zentimeter. Gebunden.
ISBN 978-3-85452-931-6